Tennis für Alle

Es war ein Experiment mit offenem Ausgang: Kann es gelingen, Menschen mit Behinderung für den Tennissport im ländlichen Raum zu begeistern? Zwei Jahre hatte der Tennisclub Laubach (TCL) überlegt, geplant, Expertengespräche geführt, Partner gesucht und umfassend die Werbetrommel gerührt. Nach corona-bedingter Verschiebung von Mai auf Juli fand am letzten Sonntag dann der Aktionstag „Tennis für alle“ auf der Vereinsanlage „Am Froschloch“ in Laubach statt. Und die hessenweit erste Aktion dieser Art übertraf alle Erwartungen. Schon kurz vor dem offiziellem Beginn kamen die ersten Besucher mit Rollstuhl, binnen der drei angesetzten Stunden waren es dann 30 Interessierte mit unterschiedlichen Handicaps, die meist zum ersten Mal den Schläger und die gelbe Filzkugel in die Hand nahmen und viel Spaß an dem Sport auf den vier Plätzen unter freiem Himmel hatten. Einige von ihnen entschieden sich noch am selben Tag zum Vereinsbeitritt und starten bereits am kommenden Samstag in ihr reguläres Vereinstraining.  „Ziel mehr als erreicht“, konnten daher dann auch Martin Schmier, Hubertus Ackermann und Mario Wiegran vom Vorstand des TCL am Abend zufrieden Bilanz ziehen, denn neben diesen Gästen kamen weitere „Schnupperer“ ohne Handicap sowie zahlreiche Zuschauer und Ehrengäste.

 

 

 

Neben den 30 Interessierten mit körperlicher, geistiger oder psychischer Einschränkung nutzten - ganz im Sinne des Inklusionsgedankens - auch ein Dutzend Besucher ohne Handicap den Aktionstag, um die Sportart Tennis kennenzulernen. Alle zusammen verbrachten unterhaltsame und lehrreiche Stunden auf den vier Sandplätzen. Sechs Vereinstrainer standen zur Verfügung, um die richtigen Griffe, Schritte und Schläge zu erklären. Dass Tennisspielen im Rollstuhl auf sportlich hohem Niveau problemlos möglich ist, führten drei Spieler des Vereins „Academy Reha- und Gesundheitssport Obervellmar“ den beeindruckten Zuschauern vor. Sie waren mit ihrem Vorsitzenden Manfred Dockhorn extra für den Aktionstag aus Nordhessen angereist. Zusammen mit ihren gehenden Vereinskollegen bilden sie seit 2018 die erste inklusive Mannschaft innerhalb des Deutschen Tennisbundes. Während sie Rollstuhl-Tennis vorführten und selbst die Laubacher Trainer von ihrer Spielstärke überrascht waren, konnte andere Besucher im „Rolli“ wie Sven Klippert aus Hungen und sein Freund Matthias Lederer den Vorbildern schon erstaunlich gut nacheifern und immer wieder gute Schläge übers Netz bringen. Auf anderen Plätzen spielte derweil eine Gruppe der Lebensgemeinschaft Schlitz e.V., einer Einrichtung für geistig, körperlich oder seelische behinderte Menschen, die sich gerade in einer dreiwöchtigen Freizeit im Jugendgästehaus Laubach erholen.          

 

 

 

Derwei die sportlichen Besucher munter trainierten und spielten, servierte das Clubhaus-Team um Willi Alles, Sigrid und Dieter Winhauer, Cornelia Schmidt und Barbara Schmier (corona-konform) den insgesamt über 50 Gästen leckere Kuchen, duftenden Kaffee und erfrischende Getränke.

 

 

 

Zu den Ehrengästen gehörten auch Ralf Heggen, Vorstandsmitglied des Hessischen Tennisverbandes (HTV) für Rollstuhltennis, und Anne Effe, Projektkoordinatorin für Vereinsinklusion von Special Olympics Hessen (SOH), dem Landesverband der olympischen Organisation für Sportler mit geistiger Behinderung. „Wir freuen uns sehr über das Interesse und die Unterstützung von HTV und SOH für unser Engagement“, sagte Schmier. Er dankte auch der Gold-Krämer-Stiftung aus Frechen bei Köln, die in Person von Niklas Höfgen den Inklusionsbeauftragten des Deutschen Tennisbundes stellt und finanziert. Höfgen hatte die Laubacher seit 2018 für den Aufbau einer inklusiven Sportlergruppe beraten. Seine Expertise führte auch dazu, dass die Fernseh-Lotterie „Aktion Mensch“ das Projekt in Laubach finanziell unterstützt.

 

 

 

Aber auch aus dem Laubacher Raum gab es viele lobende Worte. Birgit Hartmann, Vorstandsmitglied der Sparkasse Laubach-Hungen, nutzte die Gelegenheit, um dem rührigen Sportverein zusammen mit Geschäftsstellenleiter Björn Erik Ruppel eine Spende in Höhe von 1000 Euro für die Vereinsarbeit zu überreichen. „Wir sind begeistert vom heutigen Tag und dem Einsatz des Tennisclubs für die Integration von Menschen mit Behinderung“, sagte die Direktorin des örtlichen Kreditinstituts und lobte auch die Bemühungen um eine aktive Kinder- und Jugendarbeit. „Alleine in den letzten Wochen konnten wir 70 neue aktive Spielerinnen und Spieler gewinnen, davon rund 25 Kinder und Jugendliche“, berichtete Jugendwart Hubertus Ackermann über die erfolgreiche Werbekampagne.